29.Juni 2017 - Tag 34 - haase-news

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29.Juni 2017 - Tag 34

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Beim Frühstück stand ich schon um 7 Uhr auf der Matte. Alle anderen Gäste lagen wohl noch in ihren Kojen. Jedenfalls konnte es eine halbe Stunde später losgehen - in leichten Regen hinein. Es war aber fast sofort wieder trocken, und ich machte mich auf den Weg.

Die Kirche in Ricey-Bas, gleich neben dem Hotel, war abgeschlossen, das wusste ich. Aber auch die Kirche in Haute-Rive sah interessant aus. Ich suchte nach dem Eingang und fand ihn schließlich auch: Keine Tür, dafür ein engmaschiges Gitter - nichts für ein Foto. Die Buntglasfenster dahinter sahen wunderschön aus, aber es gab sonst in dieser Kirche nichts mehr: keine Bänke, kein Altar. Alles sah nach einer nicht vollendeten Baustelle aus.

Am gegenüberliegenden Talhang gab es einen schönen Weg durch Wald, der mich kurz darauf wieder durch Weinberge führte. Der Himmel hatte sich drohend dunkel gefärbt. In einem Waldstück spürte ich: es regnet ein bisschen. Sekunden später - ich war gerade aus dem Wald getreten - war aus dem "bisschen" ein heftiger Regenguss geworden, dessen Stärke schnell zunahm. Ich brauchte den Poncho - und das mal wieder mitten im Regen. Ich blickte hoch - und stand genau neben einer der kleinen (badole genannten) offenen Schutzhütten für die Weinbergarbeiter, etwas baufällig, aber trocken.

Sofort war ich drin. Es gab sogar einen Tisch für den Rucksack. Ich zog den Poncho über mich und den Rucksack, während draußen ein wahrer Wolkenbruch niederging.

Kaum ließ der Regen nach, machte ich mich wieder auf den Weg. Ich war ja jetzt geschützt. Es hörte nicht auf: es regnete etwas weniger, um kurz darauf wieder loszustürzen. Trotzdem erreichte ich nach einer knappen Stunde Bagneux-la-Fosse - und der Regen stoppte.

Ein alter Mann stand vor der Haustür und sah mich kommen. Ich grüßte ihn und grinste "Es regnet ein bisschen". "Ein bisschen, ja", grinste er zurück und wollte dann wissen, woher ich käme und wohin ich wolle. Ich erklärte es ihm, und er bot mir sofort wieder Hilfe an: Wasser, etwas zu essen, was ich halt brauchte. Ich dankte ihm, aber ich hatte ja alles dabei. Als sich ein Sonnenstrahl zeigte, verabschiedeten wir uns, wobei er zum Thema "Sonne" jedoch zweifelnd den Kopf wiegte.

Er behielt Recht: Schon ein paar Meter weiter ging es wieder los. Und so blieb es bis Bragelogne.

In der dortigen Hauptstraße sah ich eine Bar, die ich sofort ansteuerte. Geschlossen. Aber es gab Picknicktische vor der Tür, die ich frech für meine Mittagspause nutzte. Dann ging's erneut hinauf durch die Weinberge. Ob ich dabei immer den beschriebenen Weg benutzte, weiß ich nicht, es war mir auch egal. Jedenfalls kam ich nach einiger Zeit in Villiers-le-Bois an, die letzten 3 km auf einer kleinen Straße absolut ohne Verkehr. Es ist schon ein seltsames Gefühl, einen Ort im Abstand von 3 km schon zu sehen und sich auf einer Straße ganz langsam darauf zuzubewegen.

In Villiers gab es nochmal eine Pause. Das Wetter hatte sich beruhigt, und ich wagte es, den Poncho zusammenzupacken. Die letzten 5 km nach Etourvy ging es (bis auf einen kleinen Abschnitt) auf einer Straße weiter. Dann erreichte ich die Pilgerherberge von Ingeborg Crum.

Nikolaj hatte mir schon von ihr erzählt, und gestern am Telefon hatte ich schon einen Vorgeschmack bekommen: Sie sah mich am Fenster vorbeigehen - es hatte sich gerade wieder zugezogen, damit der nächste Wolkenbruch kommen konnte - und kam sofort hinausgestürzt. Ich konnte den Rucksack hinstellen, dann gab es als erstes ein Fußbad und frisches Wasser, gleich danach Kaffee und Plätzchen. Wir sprachen über Gott und die Welt (im wahrsten Sinne des Wortes), dann zeigte sie mir mein Zimmer mit Küche, in der ich jetzt sitze.

Ein Bier hatte sie mir schon am Telefon versprochen, ich bekam es als Nächstes zusammen mit Salzgebäck. Wir werden gleich gemeinsam zu Abend essen, ein Essen, das sie gekocht hat.

Ingeborg Crum ist Niederländerin und hat den Wunsch, WeerWord (Antwort) aufzubauen, eine Unterkunft für Jakobspilger, die durch Etourvy pilgern. Sie selbst lebt nach den Regeln des hl. Benedikt (bete und arbeite). Für die kolossale Arbeit erwartet sie nur eine Spende, damit sie ihr Projekt fortsetzen kann. Was gibt es doch für liebe Menschen!
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