14.Juni 2017 - Tag 24 - haase-news

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14.Juni 2017 - Tag 24

Wandern > Jakobsweg > Tag 21-30
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Fangen wir mal beim Unerfreulichsten an: Das Frühstück heute Morgen war das bisher Schlechteste der ganzen Tour. Nicht deshalb, weil es nur Standard war (Baguette, Croissant, Butter, Marmelade, Milchkaffee und 1 Gals Orangensaft), aber es wurde mit einer Laune serviert - "muffelig" ist noch sehr freundlich ausgedrückt.

Schwamm drüber! Danach gab es 2 km Anmarsch, um wieder auf den Weg zu kommen und schon wenige Minuten später das erste Highlight: Ein französischer Fahrradfahrer, ein älterer Herr, kam auf dem holprigen Waldweg hinter mir her, stieg ab, als er mich erreichte - und schon hatten wir das schönste Gespräch. Es stellte sich heraus, dass er mit seinem Rad zur Zeit in der Region trainierte, dass er im Herbst auch nach Santiago will.

Die Knie, meinte er, schafften eine Wanderung nicht mehr, aber per Fahrrad - das klappe noch. Wir haben bestimmt 15 Minuten lang miteinander gesprochen, während wir die Steigung hinter uns brachten. Dann verabschiedete er sich und radelte davon.

Der Weg führte mich durch Jezainville, dann wieder bergauf. Dort oben klärten Schilder über den Kalkmagerrasen auf, den man dort vorfinden könne. Diese Vegetationsform ist wohl sehr selten. Sie ist entstanden, weil der bis 1833 als Weinberg genutzte Hang danach als Schafweide benutzt wurde. Dadurch konnten dort keine Bäume wachsen und es entstand eine ungewöhnliche Artenvielfalt. Ich konnte das allerdings nicht erkennen, so dass diese Geschichte vielleicht nur für die Biologen interessant sein könnte.

Mein nächster Ort war jedenfalls Dieulouard. Hier konnte ich seit Langem zum ersten Mal wieder eine Kirche von innen sehen. Auf dem Foto kann man sehen, wie schön sie ist. Ich glaube, ich bin aber nur hinein gekommen, weil ein Orgelschüler Unterricht von seinem Lehrer bekam.

Wieder draußen brauchte ich erstmal Wasser. Wenn den Franzosen etwas fehlt, dann sind es Bänke oder andere öffentliche Sitzgelegenheiten. Also setzte ich mich einfach auf einen Blumenkübel vor dem Bürgermeisteramt. Ich hatte meine Wasserflasche noch nicht in der Hand, als eine junge Frau mit Rucksack aus dem Amt trat, mich zuerst nach der Uhrzeit fragte und dann ein Gespräch über mein Reiseziel begann.

Auch hier musste ich bestimmt 15 Minuten warten, bis ich an mein Wasser kam Sie sprach ein für mich schwer verständliches Französisch und Englisch, allerdings mit einer sehr harten Aussprache. Sie selbst war einfach nur mit ihrem Rucksack in der Gegend unterwegs. Sie kannte aber mein heutiges Ziel "Le Pavillon Bleu" und kündigte mir schon an, dass es mir gefallen würde.

Weiter ging es nach Saint Georges. Der Aufstieg war eigentlich nicht schlimm, aber die Hitze wurde zwischen den Feldern immer größer. Der offizielle Jakobsweg führt (dem Pilgerführer zufolge) als nächstes nach Liverdun, dann weiter nach Villey-Saint-Etienne.

In beiden Orten gibt es keine vernünftige Unterkunft für Pilger. Die Gesamtstrecke für heute wäre auch ca. 34 km lang geworden. Deshalb entschloss ich mich, die von Frau Retterath beschriebene Alternativstrecke zu nutzen, die Liverdun vermeidet und direkt zum Pont de Fresnes und damit zu meiner gebuchten Unterkunft führte. Der Weg ist 7 km kürzer und führt fast nur durch Wald. Zu meiner Freude bemerkte ich, dass auch dieser Weg inzwischen als Jakobsweg markiert worden war, sogar fast genau auf der von ihr beschriebenen Route. Lediglich im letzten Teil, bei dem sie aus mir unverständlichen Gründen abzweigen wollte, geht man jetzt durch einen besonders schönen schattigen Waldweg zur Bucht.

So weit war der Tag also ein echtes Erlebnis, aber jetzt kommt noch ein Hammer: Als ich an der Unterkunft stand und mich als Pilger vorstellte, der ein Zimmer reserviert hatte, wusste die Wirtin von nichts. Ups - das hätte ins Auge gehen können. Ging es aber nicht: Alle Zimmer waren trotzdem frei. Und so habe ich hier ein Zimmer mit perfektem WLAN, einer Badewanne (die ich sofort genutzt habe) und einem komfortablen Bett. Dazu brachte die Frau mir noch Obst und zeigte mir den Kühlschrank mit 2 Flaschen Wasser, die im Preis enthalten seien. Nebenan ist ein Restaurant, das ich gleich nutzen werde. Ich glaube, ich bin im Paradies.
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