20.Juli 2017 - Tag 55 - haase-news
20.Juli 2017 - Tag 55
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In La Chatre wird an jedem Abend eine heilige Messe gefeiert. Und da ich im Presbytere untergekommen war und es von da zur Kirche wirklich nur ein Katzensprung war, lag nichts näher, als daran teilzunehmen.
Dachte ich. Aber ganz so einfach war es dann doch nicht. Wie betet man denn ein "Gegrüßet seist du, Maria" auf Französisch?Und das "Vater unser"? Ganz zu schweigen von den Antworten "Und mit deinem Geiste" usw. Außer mir waren noch 5 alte Damen da, dazu ein relativ junger Priester. Einfach schweigen wollte ich nicht. Da fiel mir ein, dass ich ein Fach mit Gebetbüchern gesehen hatte, ähnlich unserem "Gotteslob". Tatsächlich: es handelte sich weniger um ein Gesangbuch als eher um eine Anleitung zum Besuch eines Gottesdienstes für Anfänger. Mit dem Buch in den Händen ging alles viel leichter.
Es gab keine Kniebänke, und es wurde auch nicht gekniet, was sowohl ich als auch speziell meine Knie sehr wohlwollend zur Kenntnis nahmen. Beim Friedensgruß gab der Priester jedem Einzelnen die Hand, auch mir. Anschließend wurde ein Händedruck zwischen allen Beteiligten ausgetauscht. Bei mir ging das allerdings nur mit 3 Personen. Die anderen beiden waren zu weit entfernt. Wir haben uns stattdessen zugewinkt. Ich musste natürlich ganz traditionell auf der Männerseite sitzen
Die Überraschung gab es am Schluss: Der Priester ging ganz persönlich auf mich ein, stellte mich als Pilger Antoine Haase vor. Das hatte er wohl im Presbytere erfahren, nehme ich an. Ich wurde gefragt, woher ich käme und wohin ich wolle, was die kleine Gemeinde mit erstauntem "Oh" zur Kenntnis nahm.
Da ich auch heute Morgen für mein Frühstück selbst verantwortlich war, konnte ich schon um 6 Uhr starten. Der Priester hatte mir gestern schon gesagt, dass die Strecke nach Cluis besonders schön sei.
Und so war es auch: Ihr seht es an den Fotos. Kaum Straße, jede Menge Graswege, zum Teil im Wald oder am Wasser entlang. Zwei kleine Brückchen mussten überquert werden. Ein Sonnenblumenfeld leuchtete in der Morgensonne.
Lediglich in Neuvy-Saint-Sepulchre musste ich mich doch etwas wundern. Ich hatte mich an einen Tisch vor einem Bar-Café gesetzt. Etwas darüber war groß und breit "Glacier" geschrieben, was so etwas wie "Eis-Hersteller" bedeutet.
Ich fragte also nach einem Eis. "Ham wer nich", war (sinngemäß) die Antwort. Na gut, dann nur einen großen Kaffee. Der kam schnell und war - wie immer - gut. Aber ich wollte doch gern auch etwas essen. Also fragte ich danach und führte als Beispiele gleich "Kuchen" oder "ein Sandwich" an. "Wir ham nix zu essen." Aha - ein Café! Wie heißt das immer? Servicewüste Deutschland? Die gibt es offenbar nicht nur bei uns.
Ich erkundigte mich nach einer Epicerie (sicherheitshalber bei einem anderen Gast). Der zeigte sie mir, sie war nur ein paar Schritte entfernt. Na also - da konnte ich zuerst den Rucksack und später den Magen ja doch noch mit Leckerem füllen.
Die Kirche war sehenswert. Im ersten Stock gab es auch noch eine Ausstellung "Kunst im Berry". Angesichts meines schweren Rucksacks habe ich aber darauf verzichtet.
Auch die letzten 9 km bis Cluis ließen sich schön über Graswege laufen, was vor allem meinem rechten Bein zugute kam. Da hatte sich irgendetwas entzündet. Jedenfalls schmerzt der Bereich unterhalb des Schienbeins etwas seit gestern. Ich muss es wohl noch ein bisschen langsamer gehen lassen.
Ach ja - und ich musste zum ersten Mal seit Langem die Lehrerstimme auspacken. Ein kleiner Kläffer war irgendwie durch seinen Zaun gekommen, rannte hinter mir her und biss in meinen Schnürsenkel. Na, den habe ich aber in denselben gestellt
Echte Highlights waren das Schloss mit den 4 Türmen in Sarzay (östlich von Neuvy-Saint- Sepulchre) und die Ruinen hier in Cluis.
Die Herberge ist leer, an der Tür fand sich ein Schild "Liebe Pilger, der Schlüssel liegt unter dem kleinen Stein." Hm - dann könnte man ihn eigentlich auch einfach stecken lassen, denke ich.
Mal sehen, wie es morgen weiter geht.
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